Rachel (Ginnifer Goodwin) ist einfach zu nett für diese Welt. Immer freundlich, verständnisvoll, zurückhaltend - kein Wunder, dass sie ihren dreißigsten Geburtstag als Single feiert. Als sie vor ein paar Jahren ihren Mr. Right schon fast an der Angel hatte, zögerte sie einen Augenblick zu lange. Ehe sie sich versah, hatte ihre beste Freundin ihn ihr weggeschnappt. In wenigen Wochen nun werden Darcy (Kate Hudson) und Dex (Colin Egglesfield) heiraten und was bleibt Rachel übrig, als sich auf die Hochzeit ihrer besten Freunde zu freuen? Doch ein kleiner Zufall in Form einer achtlos liegengelassenen Handtasche verhilft Rachel und Dex zu einem überraschenden Date, bei dem ein kleines Geständnis große Folgen hat. Ein schmachtender Blick im hinteren Winkel einer Bar, ein leidenschaftlicher Kuss auf der Rückbank eines Taxis, eine gemeinsame Nacht, in der sich unterdrückte Gefühle endlich Bahn brechen: Plötzlich geht Mr. Right Rachel doch noch ins Netz, obwohl sie das 'fremd fischen' wirklich nicht geplant hatte. Doch was nun?
Eine Frau zwischen Liebe und Loyalität, zwischen Begehren und Verzicht, zwischen Wollen und Nicht-dürfen - das ist die kraftvolle Prämisse von 'Fremd fischen', der dritten Regiearbeit von Komödienspezialist Luke Greenfield nach 'Animal - Das Tier im Manne' (2001) und 'The Girl Next Door' (2004). Für seine Heldin, die junge New Yorker Rechtsanwältin Rachel, hält er einen schier unauflösbaren Konflikt parat, eine Gratwanderung der besonders schwierigen Art. Auf der einen Seite: die Freundschaft zu Darcy, mit der Rachel eine lebenslange Geschichte verbindet, auch wenn die beiden kaum unterschiedlicher sein könnten. Darcy ist exaltiert und egoistisch, sie bekommt immer, was sie will. Rachel dagegen ist dezent und bescheiden, macht wenig Aufheben um sich selbst. Auf der anderen Seite: das Verhältnis zu Dex, das ebenfalls weit in die Vergangenheit zurückreicht. Schon während des Jurastudiums verstanden Rachel und Dex sich so gut, dass es nur eine Frage der Zeit gewesen wäre, bis der freundschaftliche Gleichklang zu einer romantischen Bindung geführt hätte, wäre nur nicht Darcy dazwischen gekommen, die einfach zugriff, wo Rachel und Dex unsicher zauderten. 'Fremd fischen' basiert auf dem Besteller von Emily Giffin und übersetzt dessen cleveren Aufbau kongenial auf die Leinwand. So erscheint das Liebesdreieck des Films trotz mancher Unwahrscheinlichkeit vollkommen glaubwürdig. Rachel und Darcy sind wie die beiden Seiten einer Medaille, zwei gegensätzliche Facetten, die sich perfekt ergänzen. Das macht es für Rachel unmöglich, die eigenen Interessen über die der Freundin zu stellen, selbst wenn es umgekehrt für Darcy nicht so wäre. Dex wiederum ist ebenfalls in mehrfacher Hinsicht gespalten, einerseits ein Traumtyp mit tollem Aussehen und erstaunlichem Einfühlungsvermögen, andererseits ein Schwächling, dem es an Klarheit und Bestimmtheit mangelt, der die eigenen Bedürfnisse weder zu erkennen noch zu realisieren vermag. Wenn diese Drei nun in ein Spannungsfeld von permanenter Anziehung und Abstoßung geraten, hat das eine gewisse Zwangsläufigkeit. Die Kunst von 'Fremd fischen' besteht dabei darin, die richtige Balance zwischen Ernsthaftigkeit und komödiantischer Überspitzung zu finden, und in dieser Disziplin erweist sich Greenfield als überaus souverän. Wohlwissend, dass er sich auf die Stärke des Drehbuchs von Jennie Snyder Urman verlassen kann, tariert er die Stimmungskurve des Films zwischen Romantik, Slapstick, Drama und Farce aus, wobei die drei Hauptfiguren eher ernsthaft und seriös daherkommen. Ginnifer Goodwin, dank überzeugender Nebenrollen in 'Walk the Line' (2005) und 'A Single Man' (2009) bereits stark im Kommen, meistert ihre erste große Hauptrolle mit verblüffender Selbstsicherheit. Ein 'Girl Next Door' ganz anderer Art, verleiht sie ihrer Rachel eine große Portion Natürlichkeit, die sie ungemein authentisch erscheinen lässt. Golden-Globe-Gewinnerin Kate Hudson dagegen legt ihre Darcy ausgesprochen übertourig an; lustvoll gibt sie die selbstverliebte Zicke, die trotz aller Manierismen und Eitelkeiten liebenswert genug ist, um Rachels freundschaftliche Verbundenheit nachvollziehbar zu machen. Newcomer Colin Egglesfield schließlich, schafft den Spagat zwischen Lover und Loser so selbstverständlich, dass man kein Prophet sein muss, um ihm eine große Karriere vorauszusagen. Neben diesem Trio sind es vor allem die Nebenfiguren, die Witz und Chaos in die Geschichte bringen. John Krasinski als Rachels Schriftsteller-Freund Ethan muss sich der stürmischen Avancen der überkandidelten Claire (Ashley Williams) erwehren, und Steve Howey als dauerkiffender Marcus sorgt mit seinen schrägen Anmach-Sprüchen für die grelleren Momente des Films. Alle zusammen ergeben ein Ensemble, in dem jeder auf seine Weise 'fremd fischt' und am Ende genau den Fang aus dem Wasser zieht, den er oder sie verdient.