5 Spielfilme über das Sterben anschauen. Oder über das Leben? Müssen "Problemfilme" befürchtet werden? Ganz im Gegenteil.
Aufhänger für diesen Filmmarathon im Selbstversuch - zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Video Buster Redaktion - ist ein Werk des Regisseurs Julian Schnabel mit dem ungewöhnlichen Titel Schmetterling und Taucherglocke (USA/Frankreich 2007).
Lust & Leid
Einmal abgesehen von Jean-Luc Godards überlieferter Aussage: "All you need to make a movie is a girl and a gun", ist die weitverbreitete Meinung unter Schriftstellern und Regisseuren die, dass es im Grunde nur zwei große Themen in Literatur und Film gibt: Liebe und Tod.Wie jedoch durch einen Schicksalsschlag Letzterer verfrüht drohen kann und warum man Erstere zelebrieren sollte, dass zeigen uns mehrere außergewöhnliche Filme der vergangenen Jahre.
Lebensbejahend trotz (oder wegen?) deprimierender Thematik
Ein Film ist ergreifender als der andere und doch stellt sich selbst nach dieser geballten Filmreihe nicht das vermutete Gefühl von Depression ein. Sie wirken als cineastische Medizin!Trotz ihrer vorgeführten Schicksale und Krankheitsgeschichten sind sie optimistisch und lebensbejahend. So wird die "Taucherglocke" der Erkrankten zwar ungeschminkt gezeigt, gleichzeitig jedoch die Freiheit der Möglichkeiten und Chancen im Leben - der "Schmetterling" als Synonym - zelebriert.
Vom Chefredakteur, zum Pflegefall, zum Schriftsteller
Schmetterling und Taucherglocke, das ist die wahre Geschichte des Jean-Dominique Bauby, der auf der Höhe seines Erfolges als Chefredakteur der Modezeitschrift Elle einen Schlaganfall erlitt und mit 43 Jahren in ein nordfranzösisches Küsten-Hospital eingeliefert wurde. Das seltene Locked-in-Syndrom lähmte in fast vollständig und es blieb ihm nur das linke Auge, mit dessen Hilfe er eine Blinzel-Kommunikation erlernte.Die Rückblicke auf sein Leben und die Sicht aus der "Taucherglocke" eines Gelähmten wurde 2007 ergreifend verfilmt und die größte Authentizität ging Regisseur Julian Schnabel vielleicht damit ein, dass er den Film nach Vorlage eines englischsprachigen Drehbuchs dennoch komplett auf französisch umsetzte. Die Darstellerauswahl war davon beeinflusst, die Pariser Produktionsfirma Pathé unterstützte dies und so filmte das Team an originalen Schauplätzen wie auf der Terrasse des ehemaligen Krankenhauses.
Mutig ist gleich der Einstieg, der konsequent aus der subjektiven Perspektive des Patienten eine ganze Weile durchgehalten wird.
Durch die Brille des Jean-Dominique Bauby
Sonst in fast allen Steven Spielberg Werken (wie in Schindlers Liste 1993, Jurassic Park 2 - Vergessene Welt 1997, Der Soldat James Ryan 1998 oder zuletzt in Gefährten 2011 und Lincoln 2012) um beeindruckende Hollywood-Aufnahmen bemüht, zeigt er sich in Schmetterling und Taucherglocke von einer ganz anderen, filigranen Seite.
Ein mitgeliefertes Making-of auf der DVD zeigt, wie erfinderisch das Filmteam zu Werke ging: Da wurden Latexmasken direkt über das Kameraobjektiv gezogen, man stieg mit der ganzen Aufnahmeeinheit in die Badewanne und die Schauspieler mussten fast ausschließlich mit einer Kamera als Gegenüber interagieren. Das Engagement hat sich gelohnt.
Maler, Regisseur, Fotograf: Julian Schnabel
Übrigens wurde angeblich mit Johnny Depp um die Rolle des Jean-Dominique Bauby verhandelt und Terminkonflikte mit Fluch der Karibik sollen das verhindert haben. Schließlich kann Glücksgriff Mathieu Amalric sein Talent in der Hauptrolle zeigen, noch bevor er Ende 2008 in James Bonds 22. Leinwandauftritt Ein Quantum Trost den Fiesling geben durfte. An sein Krankenbett stellt Schnabel wunderschöne Darstellerinnen: Emmanuelle Seigner, Marie-Josée Croze, Marina Hands und Anne Consigny. Wer mit ihnen keinen Lebenswillen bekommt, dem ist wohl nicht zu helfen, möchte man meinen.
Ein ausgezeichnetes (vielfach ausgezeichnetes!) Werk
In Nebenrollen gesellen sich die lebenden Legenden Max von Sydow und Jean-Pierre Cassel hinzu und so ist diese Filmproduktion in der Tat bis ins Detail mit Talent gesegnet.Golden Globes gab es in den Sparten "Beste Regie" und 'Bester ausländischer Film", Schnabel und sein Kameramann Kaminski erhielten dazu Auszeichnungen auf den Internationalen Filmfestspielen von Cannes.