Dieter Hildebrandt im Alter von 86 Jahren gestorben
Dieter Hildebrandt im Alter von 86 Jahren gestorben - Er war einen der einflussreichsten Kabarettisten in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, am 20. November ist Hildebrandt gestorben. Ein Rückblick
Oh nein! Dieter Hildebrandt ist tot. Der 23. Mai 1927 in Bunzlau in Niederschlesien geborene Kabarettist, Autor und Schauspieler ist an diesem 20. November 2013 im Alter von 86 Jahren in München gestorben.
"Der tolle Kabarettist aus Scheibenwischer?" hieß es gleich in unserer Redaktion. Ja, mit den Fernsehsendungen Scheibenwischer (produziert von 1980 bis 2009) und 'Notizen aus der Provinz' (von 1973 bis 1979) wurde er berühmt. Auch gehörte er zu den Mitbegründern der Münchner Lach- und Schießgesellschaft.
"Bis zum Schluss hatte er Pläne, hatte gekämpft und wollte sich im Dezember auf der Bühne der Münchner Lach- und Schieß Gesellschaft von seinem Publikum verabschieden.
Er hätte uns noch so viel zu sagen gehabt. Wir trauern mit seiner Familie um einen wunderbaren Menschen, lieben Freund, Förderer und eine moralische Instanz."
Das Leben ist eine Bühne...
Im niederschlesischen Bunzlau, dem heutigen Boleslawiec in Polen, kam Dieter Hildebrandt als Sohn des Ehepaares Gertrud und Walter Hildebrand, einem Oberlandwirtschaftsrats, als einer von drei Brüdern zur Welt. Schon zu Schulzeiten erblickte er "die Bretter, die die Welt bedeuteten", die Theaterbühne, die ihm sein Leben lang eine Plattform als Bühnenkabarettist bot, bis zum heutigen Tode.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges, in dem Hildebrandt in der Nähe von Berlin eingesetzt war, holte er im Jahr 1947 sein Abitur nach, mit dem Ziel, das Studium der Literatur- und Theaterwissenschaften und der Kunstgeschichte in München zu absolvieren, so geschehen an der Ludwig-Maximilians-Universität. 1955 brach er seine Promotion ab und widmete sich voll und ganz dem Studentenkabarett, mit dem er früh Erfolge feiern konnte.
Als Platzanweiser kam er mit der Kabarettszene in Berührung, im Theater 'Die kleine Freiheit', ebenfalls in München. Seine Begeisterung für diesen künstlerischen Weg ging so weit, dass er mit seinen Kommilitonen als 'Die Namenlosen' u.a. in Schwabing auftrat, was dem aufstrebenden Hildebrandt die erste Fernsehübertragung einbrachte.
1956 dann folgte die Münchner Lach- und Schießgesellschaft, mit der viele Tourneen und zahllose Hörfunk- und Fersehauftritte zustande kamen - bis zur Abschiedsvorstellung 1972. Vier Jahre später, 1976, gründete sich die 'Lach- und Schießgesellschaft' neu, Dieter Hildebrandt war dann jedoch nur noch hinter den Kulissen tätig, beriet und schrieb diverse Texte für das neu zusammengestellte Ensemble.
Mit seinem österreichischen Weggefährten Werner Schneyder zog er zwischen 1974 und 1981 weiter durch die Republik, 1985 kam es sogar zu einem Gastspiel in Ostdeutschland, in der Leipziger 'Pfeffermühle'.
Auch im Filmgeschäft konnte Hildebrandt alsbald als Schauspieler Fuß fassen, seine erste Filmrolle im Verleihprogramm kann man hier mit der 60er-Jahre-Produktion Zwei Girls vom roten Stern (Deutschland/Frankreich/Österreich 1966) auf DVD erleben.
Noch populärer wurden seine Leinwandauftritte mit Gerhard Polt in den 80er Jahre. In Kehraus (Deutschland 1983) beispielsweise in der Rolle des Versicherungsvertreters Arno von Mehling, inmitten einer bissigen Satire um einen Versicherungskonzern am Faschingsdienstag.
Das Duo Polt und Hildebrandt stand mit Man spricht deutsh (1988) erneut zusammen vor der Kamera, einem bitterbösen Film von Regisseur Hanns Christian Müller über eine typisch deutsche Familie im Lieblingsurlaubsland Italien. Brütende Hitze, Teer und Abfall am Strand, deutsche Mahlzeiten, Bild-Zeitung, Staumeldungen auf Bayern 3 und viele liebe Zeitgenossen treffen in Valcina Mare, südlich von Rom, aufeinander.
Sein Steckenpferd - die Politsatire - konnte Dieter Hildebrandt in den Folgenjahren auch im Spielfilmformat ausleben. Zum Ausleihen auf DVD erwartet den geneigten Heimkino-Zuschauer zum Beispiel Is' was Kanzler!?! (1984), der die deutsche Politszene in Bonn im Oktober 1982 als Scheinwelt darstellt, die von den USA aus gesteuert wird. Aus Sicherheitsgründen lässt die CIA wichtige deutsche Politiker in der Öffentlichkeit doubeln, darunter auch den Kanzler...
Die Komödie Meier (1985, Untertitel: "Die Abenteuer eines braven Deutschen. Einfach zum Lachen.") von Filmemacher Peter Timm, die mit dem Bayerischen Filmpreis für die beste Regie, dem Ernst-Lubitsch-Preis für Drehbuch und Regie sowie dem Gilde-Filmpreis in Gold ausgezeichnet wurde, zeigt einen weiteren Hildebrandt-Filmauftritt. Erzählt wird dort die Geschichte eines gewitzte Tapezierers (Rainer Grenkowitz), der im Ostberlin der 80er zwei Pässe besitzt. Es beginnt ein schwunghafter deutsch-deutscher Handel mit Raufasertapeten...
Noch einige andere sehenswerte Rollen des unvergleichbaren, unvergesslichen Dieter Hildebrandt stellen wir in der folgenden Auswahl vor, darunter die Verfilmung des Kult-Musicals Linie 1 (1988), die Sachsen-Komödie Go Trabi Go (1991) und schließlich Hildebrandts letzter Filmauftritt: in Helmut Dietls Berliner Journalismus-Satire Zettl (2012) als Fotograf Herbie Fried.
Wir hätten uns noch viele Auftritte von Dieter Hildebrandt gewünscht, der bis ins erreichte stolze Alter von 86 Jahren eine solch leuchtende Gestalt in der deutschen Theater-, Fernseh- und Filmlandschaft war. Nachdem Hildebrandt im letzten Sommer die erschütternde Diagnose 'Prostatakrebs' bekam, schien er genesen, wollte sich in seiner Wahlheimat München bei der 'Lach- und Schießgesellschaft' noch vor Jahresende von der Bühne verabschieden. Heute trauern wir um einen der einflussreichsten Kabarettisten in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.